Information für die Feuerwehren des Alb-Donau-Kreis und der Stadt Ulm
19.10.2020 SWP Ulm von Hans-Uli Mayer
Stab-(Rohr)Wechsel bei der Feuerwehr Ulm
Feuerwehr Kommandant Hansjörg Prinzing geht Ende des Monats Oktober 2020 nach 22 Jahren an der Spitze in den Ruhestand. Nachfolger Adrian Röhrle ist schon im Haus.
Ende des Monats nimmt Hansjörg Prinzing den Helm ab und legt den Sprechfunk zur Seite.
Foto: Matthias Kessler
„Ich bin schon zu lange da“
Bis zu seinem 13. Lebensjahr wusste Hansjörg Prinzing nicht, was aus ihm werden sollte. Irgend etwas mit Landwirtschaft vielleicht, weil sein Onkel einen Bauernhof hatte. Doch dann kam er 1973 in seinem Geburtsort Süßen auf dem Weg zur Schule an einem abgebrannten Hof vorbei, aus dem die Jugendfeuerwehr mit Baggern und Radladern das glimmende Stroh holte und auf einer Fläche ablöschte. Das gefiel ihm, für Technik hatte er sich schon immer interessiert. Und die orangefarbenen Helme der Jugendfeuerwehr mochte er auch.
„Von da an wollte ich zur Berufsfeuerwehr.“ Der Wunsch des 13-Jährigen aber ließ sich gar nicht so leicht umsetzen. Auf dem Arbeitsamt in Göppingen erklärte man ihm später, dass es das nicht gebe. Doch damit gab er sich nicht zufrieden, recherchierte und informierte sich – und fand einen Weg. Ein erster Schritt dazu war der Wechsel vom allgemeinbildenden auf ein Wirtschaftsgymnasium, um wenigstens die Grundzüge in Betriebswirtschaft gehört zu haben.
Von da an folgte Prinzing konsequent seinem Plan, studierte Feinwerktechnik an der Ingenieurschule in Ulm mit den Schwerpunkten Reaktortechnik, Strahlenschutz und Strahlenmesstechnik – alles Dinge, die ihn schließlich auf den Stuhl des Kommandanten der Ulmer Feuerwehr gebracht haben, den er Ende des Monats für seinen Nachfolger Adrian Röhrle räumt.
Prinzing hat aber nicht nur seinen Weg zur Feuerwehr geradlinig geplant, er hat seinen Job auch konsequent gemacht und die Ulmer Feuerwehr zu einer schlagkräftigen Truppe geformt, die technisch und personell auf dem Stand der Zeit ist, wie er sagt.
Das ist beileibe nicht so selbstverständlich, wie es sich anhört. Gerade die Anfangszeit war schwierig. Die Ulmer Feuerwehr war zerstritten, als Prinzing im Juni 1998 nach einer Krisensitzung des Ulmer Gemeinderats praktisch über Nacht zum kommissarischen Leiter ernannt wurde, nachdem sein Chef suspendiert worden war. Erst zwei Jahre später wurde er offiziell Kommandant.
Der Konflikt, den er befrieden musste, reichte tief. Nach dem Feuerwehrgesetz müssen Städte ab 100 000 Einwohner eine Berufsfeuerwehr haben. Das wollte Prinzings Vorgänger durchsetzen, ohne dabei aber die Interessen der Freiwilligen Feuerwehr zu wahren, was zu einem für ihn nicht mehr beherrschbaren Zerwürfnis geführt hatte. Prinzing schaffte den Ausgleich, der auf einer vom Gesetz vorgesehenen Ausnahmeregelung für Städte bis zu 150 000 Einwohner fußt.
Feuerwehrbeamte auf der einen und Freiwillige Feuerwehrmänner auf der anderen Seite sind gleichberechtigt und teilen sich die Arbeit. Dabei spielen technische Ausrüstung und fachliche Qualifikation eine wichtige Rolle, nur die Leistungsfähigkeit der Freiwilligen Feuerwehr garantiert die Ausnahme. „Das war schon eine sehr schwierige Zeit. Ich stand zwischen den Stühlen, konnte aber letztlich vermitteln“, beschreibt er seine Rolle.
Prinzing war 1974 der Freiwilligen Feuerwehr Süßen beigetreten, 1979 wechselte er während seines Studiums nach Ulm. Es folgten Stationen beim Innenministerium, bei der Landesfeuerwehrschule in Berlin und in Stuttgart, dann in Karlsruhe und schließlich bei der Landesfeuerwehrschule in Münster, von wo aus er zunächst wieder für fast sechs Jahre nach Karlsruhe ging. 1991 kam er als Feuerwehrbeamter nach Ulm.
In seine Amtszeit fallen Neuerungen wie die Zusammenlegung der Leitstellen von Rettung und Feuerwehr oder der Aufbau einer Höhenrettungsgruppe, der Rettungshundestaffel, der Notfallseelsorge oder auch der Aufbau einer Fachberatung Chemie. Über allem aber steht der vorbeugende Brandschutz. „Wir hatten früher viel öfter Großbrände. Heute gibt es das kaum mehr. Wir hatten früher zwei, drei durch Feuer getötete Menschen pro Jahr – jetzt schon seit fünf Jahren keinen mehr“, sagt Prinzing: „Beim Thema Brandschutz muss man sich einfach auskennen.“
Jetzt tritt er als Leitender Stadtbranddirektor ab. Am 20. Oktober wird er 60 Jahre alt, was für Feuerwehrbeamte das Rentenalter bedeutet. Entsprechend wird es an dem Tag einen Empfang in der Fahrzeughalle geben, danach räumt er seinen Schreibtisch und will sich künftig all dem widmen, was in der Vergangenheit etwas in den Hintergrund geraten war. Reisen steht ganz oben, Bergsteigen, Klettern, Radfahren oder Skitouren im Winter.
Emotional sei es nicht ganz einfach aufzuhören. Rational aber sei es richtig, sagt Prinzing. „Man muss ehrlich sagen, dass es nach so vielen Jahren einen neuen Besen braucht, den Wechsel. Ich bin schon zu lange da.“
Die Ulmer Feuerwehr (Statistik)
Die Ulmer Feuerwehr beruht auf zwei Säulen. Der einen gehören 79 (zu Beginn seiner Amtszeit waren es noch 32) Feuerwehrbeamte an, die den größeren Teil der Tagesschichten während der Arbeitswoche abdecken. Die zweite Säule besteht aus 506 (432) Männern und Frauen der Freiwilligen Feuerwehren in den Ortsteilen, die verstärkt nachts und an Wochenenden Dienst schieben, wenn sie nicht im Beruf stehen. Die Jugendfeuerwehr zählt aktuell 156 (80) Mitglieder.
Der Kommandant der Ulmer Feuerwehr, Hansjörg Prinzing (links), ist am Dienstag in den Ruhestand verabschiedet worden. Bei einer Feier, Corona-bedingt nur in sehr kleinem Rahmen, würdigte OB Gunter Czisch Prinzings Verdienste: Dazu zählen die gesicherte Leistungsfähigkeit der Feuerwehr durch nachhaltige Personalentwicklung, die Erneuerung der Einsatzfahrzeuge und das Schaffen besonderer Einheiten wie der Rettungshundestaffel und der Höhenrettungsgruppe. Neuer Feuerwehrkommandant ist Adrian Röhrle (rechts) aus Unterweiler.